Dienstag, 5. November 2013

Werke von Hans Hueber

Mir wurden zwei Abbildungen bisher unveröffentlichter Werke Huebers zur Verfügung gestellt. Danke!

Landschaftsdarstellung  
Zeichnung, Bleistift auf Papier, 13,5 x 16,5 cm.
unsigniert, undatiert. Privatbesitz

Die Zeichnung wurde mit Bleistiften verschiedener Härtegrade gefertigt. Im Vordergrund skizzierte Hueber sehr frei, der Hügel links ist für seine Verhältnisse grob schraffiert. Im Fluchtpunkt des Bildes befindet sich eine nicht näher definierte Figur, die auf ein Ortszentrum mit Kirche und Turm zuzugehen scheint. Dieser Gegensatz zwischen klar formulierter Landschaft und der nur andeutungsweisen Darstellung des Menschen ist typisch für den Künstler. Zur Staffagefigur degradiert dient der Mensch als bloßes Mittel zur Darstellung der Größenverhältnisse - wie übermächtig die Bäume, wie nichtig er selbst. Vergleiche mit anderen Hueber-Zeichnungen müssten hinsichtlich der architektonischen Darstellung leicht Aufschluss geben um welche Gegend es sich hier handelt.



Gartenlaube 
Öl auf Karton, 13 cm
unsigniert, undatiert. Privatbesitz

Man kann kaum von "Architekturdarstellung" sprechen, so untrennbar ist die fein gemalte Gartenlaube mit der Natur verbunden. Die Bildkomposition und die Kreiszeichnung auf der Rückseite lassen darauf schließen, dass das Werk nicht beschnitten worden ist. Die junge Frau mit Hut wendet sich uns zu, eine weitere steht im Schatten.




Zu Huebers Zeit gab es übrigens "Die Gartenlaube - Illustrirtes Familienblatt" (ab 1853), die erste große deutsche Massenzeitschrift, ein Vorläufer von modernen Illustrierten. Sie ist eine wichtige Quelle zur deutschen Kulturgeschichte v.a. bezüglich der veröffentlichten Fortsetzungsromane. Der bekannteste unter den Autoren war Theodor Fontane. Auch der unten genannte gebürtige Oberösterreicher Hermann von Schmid konnte in der "Gartenlaube" veröffentlichen, besonderen Erfolg hatte er in den 1860er Jahren (u.a. mit dem Dorfroman "Huberbäuerin"). Es ist möglich, dass Hueber auf das Blatt, das sehr verbreitet war und u.a. in Kaffeehäusern aufgelegen ist, indirekt Bezug nahm, zumindest war die Gartenlaube als Thema aktuell und allen bekannt. Viele zeitgenössische Künstler arbeiteten als Illustratoren für das Blatt, u.a. Eugen Neureuther, einer jener Künstler, mit denen sich Hueber 1843 zum "Münchner Radirklub" zusammen geschlossen hatte. Hueber selbst finde ich nicht unter ihnen.







Montag, 4. November 2013

Stelzhamer

Sieht man sich in Huebers Umfeld näher um, so ist ein Kontakt besonders interessant, nämlich der zu Franz Stelzhamer, den Hueber in der einzigen Karikatur, die es über den zumindest in OÖ prominenten Mundartdichter gibt, verewigt hat. Das Gedicht am oberen Blattrand lautet:

Da Bam is mei Sprissl,
Mei Haus is da Wald
Und amal in an Winta
Da stirb i halt.

Ich stoße auf eine Rede vom oberösterreichischen Landeshauptmann Pühringer: Natürlich sei unser "Hoamatland" untrennbar mit den beiden Persönlichkeiten verbunden, denen wir es "verdanken": Franz Stelzhamer und Hans Schnopfhagen.
"Gerade die Person Franz Stelzhamer wurde ja in den letzten Jahren immer wieder kritisch hinterfragt, das soll (...) nicht verschwiegen werden. Auf Initiative des StifterHauses hat es daher intensive Forschungsarbeiten zu den dunklen Seiten im Leben und Werk Stelzhamers gegeben. Wir müssen klar bekennen: ja, es gibt antisemitische und politisch bedenkliche Texte von Franz Stelzhamer. Das können, werden und wollen wir nicht verschweigen. Ganz im Gegenteil: Wir dokumentieren es, zeigen es auf. Es gibt aber auch den Franz Stelzhamer, der gerade mit seinen Dorfgeschichten die sozialen Probleme seiner Zeit, das ländliche Leben, so wie er es erlebt hat, ungeschminkt aufgearbeitet hat. Diese beiden Seiten gibt es, beide Seiten gilt es zu sehen. Die Person Stelzhamer ist unteilbar, all ihre Facetten sind zu sehen und das tun wir auch."
Kritische Texte von Stelzhamer - fernab von "Hoamatland": Siehe da, 1852 ist im "Bunten Buch" ein mit "Jude" betitelter Text erschienen, der weit über die Grenzen des damals salonfähigen Antisemitismus hinaus geht. Ein kurzer Auszug genügt.
"Kein Volk der Erde hat nach seinem politischen Ableben mit einer solchen Zähigkeit, ja völligen Unumbringbarkeit fortgedauert, wie der Jude. (...) In alle Winde zerstreut, schlingt er sich, bald dünner, bald breiter, immer aber im innigsten Zusammenhang in fast unerforschlichen Windungen und Krümmungen, ein Riesenbandwurm, um die Ernährungsorgane eines jeden kultivierten Staatskörpers, und wie oft man ihn auch abzutreiben versucht hat, man gewann (...) bis jetzt stets nur größere oder kürzere Stücke, nie aber den Kopf selbst (...)"
Der Text ist im Eigenverlag in München herausgegeben worden. Hueber kannte Stelzhamer und München war wohl auch damals noch Huebers örtlich wichtigster Bezugspunkt (er war nach dem Studium noch lange Mitglied des städtischen Kunstvereins). Leider ist auch diese Karikatur undatiert, wird aber anhand Stelzhamers dargestelltem Alter in verschiedenen Quellen mit "um 1860" angegeben. Hueber hat sich hin und wieder selbst als Mundartdichter versucht.  
Hatte er je feste Überzeugungen? 

Zur Erinnerung:

Die ersten beiden und die letzte Strophe des Gedichtes "Hoamatgsang" von Franz Stelzhamer wurden 1952 zur Landeshymne erklärt.

1. Hoamatland, Hoamatland, di han i so gern!
   Wiara Kinderl sein Muatter, a Hünderl sein Herrn,
   wiara Kinderl sein Muatter, a Hünderl sein Herrn.

2. Duri's Tal bin i g'laffn, af'n Höcherl bin i glegn,
   und dein Sunn hat mit trückat, wann mi gnetzt hat dein Regn,
   und dein Sunn hat mit trückat, wann mi gnetzt hat dein Regn.

3. Deine Bam, deine Staudna san groß worn mit mir,
   und sie bliahn schen und tragn und sagn: Machts a wia mir,
   und sie bliahn schen und tragn und sagn: Machts a wia mir.

4. Am schönern macht's Bacherl, laft allweil tala,
   aber's Herz, vo wo's aua rinnt, 's Herz, des laßts da,
   aber's Herz, vo wo's aua rinnt, 's Herz, des laßts da.

5. Und i und die Bachquelln san Vetter und Moahm,
   treibts mi, wo da wöll, umma, mein Herz is dahoam,
   treibts mi, wo da wöll, umma, mein Herz is dahoam.

6. Dahoam is dahoam, wannst net fort muaßt, so bleib,
   denn die Hoamat is ehnta da zweit' Muatterleib,
   denn die Hoamat is ehnta da zweit' Muatterleib.

Dienstag, 15. Oktober 2013

Zeitgenössische Positionen


Anlässlich des 200. Geburtstages von Hans Hueber hat das HKWW eine Gedächtnisausstellung initiiert. Bis 27.10. sind in Waizenkirchner Schaufenstern u.a. zeitgenössische künstlerische Positionen zum Thema Hueber / Landschaft vertreten.
Nähere Infos zu einigen der KünstlerInnen und ihren Werken siehe Seiten.


Maria Gröswagen


"Stillleben-Inszenierung" (2013)
"Wandervogel im Aristokratenkäfig - Stimmungsfänger unterm Deckmantel der Spätromantik" 






"Miniaturschokoladen-Quartett" (2013)

"... entdecke Hueber" 





Klaus Gölz  


"Hans Hueber Privatier" (2013)





Mittwoch, 9. Oktober 2013

Rotando


Was genau bedeutet eigentlich "Rotando"?
Günther Lengauer, mein ehemaliger Lateinlehrer, hat geantwortet. Danke!

"Bei der Form handelt es sich um den Dativ/Ablativ des Gerundiums (=substantivierter Infinitiv). Das Verb roto 1 heißt "(sich) im Kreis herumdrehen, rollen, aufwirbeln, verwirren,...", man müsste also übersetzen "zum/beim/im /durch das Verwirren, Aufwirbeln, Drehen......  Allerdings erschließt sich mir die Bedeutung im Zusammenhang des Briefes auch nicht wirklich. Vielleicht muss man das so verstehen, dass Hueber, wenn er die Unterhaltung führen und wieder Neues, Geheimes erfahren wird gedanklich/psychisch/emotional durcheinandergerät und sich seine Gedanken dann im Kreis drehen."

Nebenan der transkribierte Brief Huebers, publiziert von Kay Becker



Freitag, 4. Oktober 2013

Überlegungen zu Hans Hueber (Marlene Gölz)



HANS HUEBER 1813 - 1889

Anlass für diesen Blog ist der Geburtstag des Landschaftsmalers Hans Hueber. Er kam vor 200 Jahren in Waizenkirchen, OÖ auf die Welt. Geburtstage sind so eine Sache, nichts anderes als eine Zahl. Aber eben ein Anlassfall. Alle Ausführungen hier sind eine rein persönliche Annäherung und Spurensuche, an der sich vielleicht der eine oder die andere beteiligen will.

Stellvertretend für Huebers Landschaftsdarstellungen (8x14cm, Öl auf Karton, undat.):




Kurz die Eckdaten zur Person:

1813 in Waizenkirchen geboren
Mitte der 30er Jahre Student an der Münchner Kunstakademie
1836/1837 Aufnahme in den Münchner Kunstverein, in den 40er Jahren regelmäßige Ausstellungen (Mitglied vermutlich bis 1864)
1843 Zusammenschluss zum "Münchner Radirklub" u.a. mit Christian Morgenstern und Eugen Neureuther
In den 50er Jahren mehrere Aufenthalte in Franzensbad, Reisen nach Tirol vermutlich mit seinen Dienstgebern. Hueber arbeitet als Zeichnlehrer in aristokratischen Häusern u.a. bei Herzog Max von Bayern in Possenhofen (Sisi!)
Ab den 60er Jahren Verlagerung des Lebensmittelpunkts von München nach Österreich, u.a Seisenegg
Ab 1865 wird Hueber nicht mehr als Mitglied des Kunstvereins geführt. Ein ungeklärter Vorfall mit einem seiner Brüder, verbunden mit einer ev. Straftat, lässt den Künstler nach Waizenkirchen zurück kehren, wo er bis zu seinem Tod zurückgezogen bei seinen Schwestern lebt.
1889 Hueber stirbt und hinterlässt zahlreiche z.T. unvollendete Werke, die sich großteils in Privatbesitz befinden. Von den letzten 20 Jahren ist keine künstlerische Tätigkeit Huebers bekannt. Unter seinen zahlreichen Landschaftsdarstellungen befindet sich keine einzige bekannte von Waizenkirchen oder Umgebung. 


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Das Interesse an Landschaftsmalerei /-zeichnung hält sich, zumindest bei jüngeren Semestern, stark in Grenzen. Ich erinnere mich an die Vergabe der Proseminarplätze am Kunstgeschichte-Institut in Wien im Herbst 2000. Wer nicht am Campus gezeltet oder sich ab 6:00 angestellt hat, für den blieben nur die vermeintlich unattraktiven Themen übrig. „Die russische Avantgarde“ war längst vergeben und so fiel mein Los auf „Die holländische Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts“. Das scheinbar Langweilige entpuppte sich aber als durchaus interessant und noch heute kann ich den schlammfarbenen Bildern mit ihren riesigen Eichen und den stillen Flusslandschaften etwas abgewinnen. Ja je weniger Staffage, Schiffe, Häuschen etc. darauf sind, umso lieber sind sie mir. Das Unaufgeregte zu malen, darauf muss man erst mal kommen. Hier ein Beispiel von Jan van Goyen.




So kommt es, dass mich die Miniaturlandschaften Hans Huebers (be)rühren, vielleicht ist „entzückend“  ein passendes Wort für sie, nicht zuletzt aufgrund ihrer Größe. Doch es wäre müßig sich über Pinselstrich und die unbestrittene Virtuosität von Huebers Zeichenstil auszulassen, das haben andere getan, u.a. Otto Hamann, der Hans Hueber im übrigen am trefflichsten charakterisierte:
„Typisch ist diese Gestalt für die deutsche Romantik; unzufrieden mit seiner Zeit, tief vergraben im Gedanken der Weltflucht, sentimental und spirituell, philisterhaft beschränkt zugleich. Heftige Innigkeit des Naturgefühls, überall der warme Atem eines liebebedürftigen Gemütes, ein Auge, dem alles konkret Seiende zu gespenstigen Erscheinungen wird, ein Geist, der nie die Hausbackenheit überwand und die deutsche Kleinbürgerlichkeit mit Weltgefühlen und Ewigkeitsempfindungen bereicherte.“ 
(Otto Hamann, Hans Hueber. Ein Kleinmaler der deutschen Spätromantik, 1923)


Wenn ich hier nicht groß Huebers Bilder besprechen will, so doch kurz seine Person und seine Zeit. Beginnen wir bei dem was wir haben. Die einzige bekannte Porträtfotografie zeigt Hueber als etwa Mittfünfziger. Ernst und stoisch sitzt er auf einem Stuhl. Weder der Hintergrund noch seine Kleidung verweisen auf etwas Individuelles. Auffallend ist weniger das Vorhandene als das Fehlende, nämlich die Abwesenheit von jeglichen Attributen, die auf seine Profession als Künstler verweisen. Kein Pinsel, keine Farbpalette, kein schräger Hut usw.


Ein winziges Symbol anderer Art ist jedoch zu finden, nämlich ein Ring, den Hueber nicht am Finger trägt sondern in der rechten Hand zwischen Daumen und Zeigefinger hält. Er zeigt ihn uns. Wenn Hueber den Ring auf einer offiziellen Fotografie präsentiert, muss er immens wichtig sein. So ein Foto hat man ja nicht alle Tage machen lassen. Es ist auszuschließen, dass der Ring für eine private Liaison steht. Hueber war nie verheiratet und wenn dann hätte er den Ring nicht so vor sich her getragen. 

Gemeinhin ist ein Goldring das Symbol für die Zunft der Goldschmiede. Im KHM Wien findet sich ein Gemälde des Niederländers Jan van Eyck von 1436, das den Goldschmied Jan de Leeuw zeigt. Ein weiteres Porträt eines Goldschmieds befindet sich im Rijksmuseum in Amsterdam, es stammt von Werner van den Valckert (1617).


       

Hans Hueber - ein Goldschmied? Passt auch nicht – wohl aber die Fährte, dass 

seine Miniaturbilder auch in Schmuckstücken Verwendung gefunden haben und zum Teil extra dafür in Auftrag gegeben worden sind. Ein Bildchen fand sich in einem Amulett. Die Kontakte zu Adeligen und Reichen pflegte Hueber ja bekanntlich durch seine Arbeit als Zeichenlehrer. (Seine Darstellungen von Menschen aber waren fast ausschließlich im bäuerlichen Milieu verhaftet.)

Zurück zum Ring: Was könnte es noch damit auf sich haben? 
Man kann den Ring im Sinne eines zyklischen Naturverständnisses als Symbol ewiger Wiederkehr verstehen, auch als Symbol von Vollkommenheit, die Lesarten sind vielfältig. Wahllos heraus gegriffen hier ein Zitat von Schopenhauer: 
"Durchgängig und überall ist das echte Symbol der Natur der Kreis, weil er das Schema der Wiederkehr ist: diese ist in der Tat die allgemeinste Form der Natur, welche sie in Allem durchführt, vom Laufe der Gestirne an, bis zum Tod und der Entstehung organischer Wesen, und wodurch allein in dem rastlosen Strom der Zeit und ihres Inhalts doch ein bestehendes Dasein, d. i. eine Natur, möglich wird.” 
(Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung II, 4. Bd., Kap.41, 1819)



Ohne Kommentar. (Banksy)


Denkbar ist auch ein Zusammenhang mit Richard Wagners "Ring des Nibelungen", Wagner hat von 1848 bis 1874 an dem Opernzyklus gearbeitet und Hueber war ein gebildeter Mann, der vom Inhalt Kenntnis genommen haben könnte zumal er lange Zeit in Deutschland, u.a. bei aristokratischen Familien gelebt und gearbeitet hat. Wagner wurde im selben Jahr wie Hans Hueber geboren - der 200. Geburtstag, ein Fressen für Feuilletons und Festspielhäuser. Besonders ein Beitrag ist mir ins Auge gefallen, veröffentlicht am 16.5. von Manfred Frank in der "Zeit". Das Kernmotiv des Rings sei "das Motiv des erkaltenden Herzens".
(Die Rheintöchter erzählen Alberich, der sie begehrt, das von ihnen bewachte Gold würde demjenigen maßlose Macht bescheren, der "aus dem Rheingold schüfe den Ring". Alberich entsagt der Liebe und tauscht sein Herz gegen das Gold. Die fast unnacherzählbare Handlung findet erst ein Ende als Brünnhilde den Ring, der von einem zum anderen gewandert ist, wieder den Rheintöchtern überlässt und diese ihn an den Grund des Flusses zurück bringen.)
Für Manfred Frank vollzieht Brünnhilde damit eine der tiefsten Einsichten der Romantik: 
"Wer das Gemeineigentum Natur privatisiert, den begräbt sie unter ihren Trümmern, um ihrem Wandertrieb von Hand zu Hand nachzukommen. Dieser Trieb wird erst beendet, wenn die Münze, vom "Fluch" gereinigt, an ihren Ursprungsort zurückkehrt. Dieser romantische Antikapitalismus steht mithin auf naturalistischem Grund, so eindeutig sozialkritisch die Konsequenz klingt, wonach – so Wagner – "der verhängnisvolle Ring des Nibelungen, als Börsenportefeuille [...], das schauerliche Bild des gespenstischen Weltbeherrschers [Geld] zur Vollendung bringen [dürfte]".
Hans Hueber, ein romantischer Antikapitalist? Warum nicht. Wenn, dann aber ein verhaltener.
Doch fehlt natürlich jegliches Indiz für Konkretes. Ich vermute immer noch, dass der Ring in Huebers Hand ein Code ist, den einige wenige lesen konnten / können. >>> Wer kann?


Die Frage weshalb auf der Fotografie kein Künstlerattribut zu sehen ist könnte damit beantwortet werden, dass Hueber zu diesem Zeitpunkt aus unerfindlichen Gründen bereits der Kunst abgeschworen hatte: Kein Mitglied mehr im Münchner Kunstverein, Rückkehr nach Waizenkirchen, und es sind keine Werke aus dieser langen Zeitspanne bekannt. 

Briefe Huebers und Berichte von Zeitgenossen lassen darauf schließen, dass Hueber ein zurückhaltender Mensch voller Zweifel war, der sein Licht unter den Scheffel stellte. Und man muss keine Graphologin sein um aus seiner kleinen schnörkeligen Handschrift zu einem ähnlichen Schluss zu kommen bzw. aus den Formaten und belanglosen Inhalten seiner Zeichnungen und Gemälde. Womöglich litt Hans Hueber daran, dass den Künstlern ihr angestammter Platz in der Gesellschaft im 19. Jh. verloren gegangen ist. Solange sie in Gilden organisiert waren und die Kirche oder der Adel zu ihren Kundschaften zählten, stellte sich nicht die Frage wozu es sie überhaupt gibt. Die Künstler wussten wie jeder Handwerker was von ihnen erwartet wurde und die Altarbilder oder Porträts wurden in der Regel in dem jeweligen Zeitgeschmack abgeliefert. Eingeläutet von der Französischen Revolution wurde den Künstlern ungleich mehr möglich. Jahresausstellungen der Akademien in Paris und London wurden zu gesellschaftlichen Ereignissen, die Diskussionen und Spott auslösten. Die Künstler waren freier im Schaffen aber mehr denn je der Kritik aller Seiten ausgesetzt. Manche wollten mit Großformaten Eindruck schinden, andere sich wegducken. Und es ist kein Geheimnis, dass die, die am meisten verlacht wurden, oft Bahnbrecher der Kunstgeschichte waren. Ein Beispiel für Spott und Hohn, ausgewählt wegen seiner grandiosen Landschaften: August Strindberg, der doppelbegabte Schwede (hier ein etwas späteres Bild, von 1903)

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Hueber ist nie offiziell eingestanden für seine Haltungen, das Rampenlicht war nicht sein Ding, übermäßiger Mut auch nicht, und so verwundert es kaum, dass auch die wenigen Briefe bzw. Brieffragmente so verschlüsselt sind, dass es schwer ist, sich darauf einen Reim zu machen. Besonders interessant ist der so genannte "Brief an den Vater". Dabei handelt es sich nicht um ein Schreiben an seinen eigenen Vater sondern an einen ihm sehr nahe stehenden Geistlichen. Kay Becker hat den Brief in seiner umfangreichen Arbeit "Hans Hueber 1813-1889. Ein Meister des kleinen Formats", Bujendorf 1994, publiziert. Er liegt dem HKW Waizenkirchen vor und dürfte aus dem Jahr 1852 stammen. Hueber schreibt u.a.:
"Vater, wenn ich auf Urlaub komme, dann wollen wir lange miteinander plaudern - und dann darf ich auch ein bißchen von Ihrem Geheimnis lesen - ROTANDO -! Dann werden Sie mir viel von Ostritus und -Kirche erzählen müssen und von den anderen morgenländischen Riten. Ich hoffe von Tag zu Tag ein Kärtchen  (...) zu bekommen - "Über die Geschichte des Speisekelches!" (...)Von mir ist nicht viel zu berichten - da heißt ich mag es nicht gern auf den Präsentierteller des Briefpapiers bringen. (...)Ich glaube wir leben in der Zeit der zweiten großen Reformation, die Re-Union.Herr, gib uns Kraft, daß wir Christopher sein können, Christus hinein tragen in die Herzen der Brüder - und wie schwach sind wir. (...)"
(A propos Speisekelch: der Heilige Gral wäre eine Fährte, Parsifal - wieder zu Wagner?)
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Ein Exkurs

Als mein Sohn und ich neulich zur Bibliothek in Waizenkirchen gingen, wollte er auf den großen Stein vor der Kirche klettern. Gleich erinnerte ich mich an meine eigene Kindheit. Dieser Stein, der ist wie zum Klettern gemacht. Wie übrigens die geschwungene Auslage der Glaserei Steinbruckner, an der kommt auch kein Kind vorbei ohne sich hineinlegen zu wollen. Jedenfalls, dieser Stein hat eine Inschrift, die ich zum ersten mal bewusst gelesen habe. 


Der Stein ist dem Volksschriftsteller Dr. Hermann von Schmid (1815-1880, s. Foto unten) gewidmet. Die Lebensdaten passen zu Hueber, beide stammen aus dem selben Ort, auch Schmid studierte in München (Jura, 1835-1840). Ob es zwischen den beiden eine Verbindung gab? Zumindest gegrüßt dürften sie sich mal haben. Wie werden die Waizenkirchner Feierlichkeiten in zwei Jahren ausfallen? 200. Geburtstag! Festmenü? Ausstellung? Neuauflage seiner Bücher? Wer kennt die schon? Ich sollte mal reinlesen. 

Aber da ist etwas anderes, was mich viel mehr interessiert: "Schmid hatte sich Johannes Ronges deutschkatholischer Bewegung angeschlossen" ist da auf Wikipedia zu lesen. Was hat es mit dieser Bewegung auf sich? Und warum steht dieser Gedenkstein ausgerechnet vor der röm.-kath. Kirche? Egal. Er möge noch vielen Kindern Freude bereiten.

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Johannes Ronge (1813-1887) rief 1845 als Reaktion auf den Dogmatismus der röm.kath. Kirche zur Gründung einer romfreien Kirche auf, die sich im März 1845 den Namen "deutschkatholisch" gab. Äußerer Anlass war die Ausstellung des Hl. Rocks 1844 in Trier. 

Die Bewegung setzte sich anfangs in Österreich nicht durch. Metternich war ein strenger Gegner und verbot Ronge unter Androhung der Todesstrafe, österreichischen Boden zu betreten. Zensur war gang und gäbe, was die Verschlüsselung von Huebers Brief erklärt. Metternich galt immer mehr als Mäzen des Ultramontanismus. Er vermutete bei den Sekten im allgemeinen umstürzlerische Tendenzen. Die Märzrevolution brachte eine schlagartige Besserung des DK in Österreich, 1848 war Ronge in Wien. Es standen stets Vorwürfe im Raum, Kommunismus und Nihilismus würden einen starken Einfluss auf die Bewegung, aus der sich später die freichristlichen Gemeinden formierten, ausüben.
(Vgl. dazu: Gertrud Habres,  Der Deutschkatholizismus in Österreich. Dissertation, Wien 1960)

Was hat nun Hueber damit zu tun. Da ist nur eine Vermutung, ein verschlüsselter Brief - und eine (leider undatierte) Karikatur. Die Grafik zeigt den Künstler mit seiner Malausrüstung auf einem Steg schreiend davon laufen, ein Reh unter den Arm geklemmt, ein Frosch singt zu Mandolinenklängen und darüber steht geschrieben: "Hueber ist kein Rö-mehr". Peter Assmann vermutet darin eine Absage an die Romsehnsucht, die die offizielle Kunstszene beherrscht habe. Es kann sich aber auch bzw. zudem um eine, immerhin sehr konkret formulierte Sympathiebekundung mit den neu aufgekommenen religiösen Tendenzen handeln.

Nun sind wohl KirchenhistorikerInnen gefragt, Archiv- und Bibliotheksbesuche angesagt und möglicherweise kommt eine Diskussion in Gang, welche die vermeintlich spröde Spätromantik lebendig werden lässt, zwischen Schein, Lethargie, Biedermeier und Revolution. 


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Der nächste Eintrag wird sich wohl mit Huebers Zeitgenossen und Künstler-Bekanntschaften befassen, u.a. Franz Stelzhamer.